Pulskontrolle

Der Herzschlag zum Anfassen.
Die Pulskontrolle ist eine grundlegende und wichtige Maßnahme zur Beurteilung des Herz-Kreislauf-Systems. Sie liefert Hinweise auf Frequenz, Rhythmus und Qualität des Herzschlags und kann bei der Einschätzung von Notfallsituationen helfen.

An oberflächlich verlaufenden Arterien lässt sich der Puls als Druckwelle des Bluts ertasten. Herznahe Arterien werden als zentrale bezeichnet, herzferne als periphere (Tabelle 1.1.). Die Pulskontrolle ist ein wesentlicher Teil des Basischecks und jeder körperlichen Untersuchung. Sie kann ohne Hilfsmittel sofort durchgeführt werden und dient der Einschätzung von:

  • Pulsfrequenz (Tabelle 1.2)
  • Pulsqualität
  • Frequenz:  schnell; langsam; Häufigkeit in der Minute
  • Regelmäßigkeit: regelmäßig; unregelmäßig ⇒ Herzrhythmusstörungen
  • Unterdrückbarkeit / Härte: weich ⇒ niedriger Blutdruck; hart ⇒ hoher Blutdruck
  • Stärke: kräftig ⇒Hypertonie; schwach/ kaum tastbar ⇒Hypotonie
  • Pulsrhythmus: regelmäßig, Extrasystolen, unregelmäßig

 

Vorgehensweise:

  • Günstigste/ Sinnvolle Stelle wählen
  • Bedeckende Kleidung entfernen.
  • Mit der Fingerkuppe vom Mittel und Zeigefinger einer Hand mit unter leichtem Druck die Pulsstelle ertasten
  • Bei regelmäßigem Puls: 15sekunden den Puls auszählen, dann mal 4 nehmen
  • Bei unregelmäßigem Puls oder Bradykardie 1 Minute auszählen.

Gefahren:

  • Verwechslung vom Patientenpuls mit eigenem Puls, wenn mit dem Daumen getastet wird
  • Bradykardie und Blutdruckabfall bei Manipulation am Karotissinus. Dies geschieht bei beidseitiger Pulskontrolle, durch ungeeignete Massage oder zu hohem Druck an der A. carotis communis
  • Apoplex Auslösung durch mobilisierte Plaques aus der A. carotis bei Patienten mit einer bekannten Arteriosklerose

CAVE: EIN GERÄTEEINSATZ WIE Z.B. PULSOXYMETER ODER EKG ERSETZEN NIE DIE PULSTASTUNG

 

1.1 Lokalisierung Arterien

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Zentrale Arterien

Arterien

Lokalisierung

Indikation

A. carotis communis
  • Trigonum caroticum:

Unterregion der vorderen Halsregion, zwischen Larynx und M.sternocleidomastoideus (Muskel zwischen Brustbein, Schlüsselbein und Schädelbasis)

  • Diagnose Kreislaufstillstand
  • Bei CPR: Überwachung Effektivität von Thoraxkompressionen
  • Überprüfung eines ROSC
  • Kreislaufzentralisation z.B. bei Schock
A. femoralis
  • Leistenbeuge
  • Bei CPR: Überwachung Effektivität von Thoraxkompressionen
  • Überprüfung eines ROSC
  • Durchblutungskontrolle Schenkelhalsfraktur
  • Durchblutungskontrolle Hüftgelenkluxation
  • Peripherer arterieller Verschluss
  • Seitenvergleich bei Aortenaneurysma
  • Abdrückpunkt bei distalen arteriellen Blutungen der unteren Extremitäten

 

Periphere Arterien

Arterien

Lokalisierung

Indikation

A. temporalis superficialis
  • Schläfenbein, über dem Ansatz der Ohrmuschel
  • Pulskontrolle bei Früh- und Neugeborenen
A. brachialis
  • innerseite des Oberarms in der Muskellücke vom Mm.biceps und triceps brachi
  • Pulskontrolle bei Säuglinken und Kleinkindern
  • Durchblutungskontrolle proximale Oberarmfraktur
  • Durchblutungskontrolle Schulterluxation
  • Peripherer arterieller Verschluss
  • Abdrückpunkt bei distalen arteriellen Blutungen der oberen Extremitäten
A. radialis
  • Distaler Unterarm, radiale Beugeseite der Handwurzel
  • Standartpunkt bei Ansprechbaren Patienten
  • Durchblutungskontrolle Handgelenkluxation
  • Durchblutungskontrolle Handgelenkfraktur
  • Durchblutungskontrolle Ellenbogenluxation
  • Durchblutungskontrolle Schulterluxation
  • Durchblutungskontrolle Oberarmfraktur
  • Durchblutungskontrolle Unterarmfraktur
  • Peripherer arterieller Verschluss
A. poplitea
  • Kniekehle
  • Durchblutungskontrolle Oberschenkelfraktur
  • Durchblutungskontrolle Patellaluxation
  • Durchblutungskontrolle Kniegelenkluxation
  • Peripherer arterieller Verschluss
A. tibialis posterior
  • Oberes Sprunggelenk, dorsal des Malleous medialis der Tibia
  • Durchblutungskontrolle Oberschenkelfraktur
  • Durchblutungskontrolle Unterschenkelfraktur
  • Durchblutungskontrolle Patellaluxation
  • Durchblutungskontrolle Kniegelenkluxation
  • Durchblutungskontrolle Sprunggelenkluxation
  • Durchblutungskontrolle Sprunggelenkfraktur
  • Peripherer arterieller Verschluss
A. dorsalis pedis
  • Fußrücken, zwischen dem 1. und 2. Mittelfußknochen
  • Durchblutungskontrolle Sprunggelenkluxation
  • Durchblutungskontrolle Sprunggelenkfraktur
  • Durchblutungskontrolle Mittelfußknochen
  • Peripherer arterieller Verschluss

 

 

1.2 Puls und Herzfrequenz nach Altersgruppen in der Minute

Altersgruppe

Normalwert

Bradykardie

Tachykardie

Neugeborene 120-150 < 100 > 190
Säuglinge 120-140 < 95 > 175
Kleinkinder 100-120 < 80 >  150
Kinder 80-100 < 65 > 125
Erwachsene 60-100 < 60 > 100

 

  • Klinisch bedeutsam 

    Pulscharakter

    Puls

    Krankheitsbild

    Pulsus tardus, parvus, mollis langsam, klein und weich Aortenstenose
    Pulsus bisferiens, auch Pulsus dicrotus (Dikrotie) zweigipfelig hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie
    Pulsus celer, altus, durus
    „Wasserhammerpuls“
    schnell, hoch und hart  Aorteninsuffizienz
    Pulsus anacrotus (Anakrotie) zusätzliche Pulswelle im aufsteigenden Schenkel  bei Aortenstenose
    Pulsus alternans Wechsel von stark und schwach möglich bei Herzinsuffizienz
    Pulsus vibrans schwirrender Carotispuls  Aortenstenose
    Pulsus celer et parvus schneller und schwacher Puls Schock
    Pulsus bigeminus (Bigeminie) regelmäßiger Wechsel von hart und weich  ventrikuläre Extrasystolen
    Pulsus intermittens Aussetzen einzelner Schläge
    • Herzinsuffizienz
    • Digitalis Überdosierung
    Pulsus tricrotus (Trikrotie) zweigipfelig bei Dikrotie mit folgender Extrasystole
    • Herzinsuffizienz
    • Aortenklappeninsuffizienz
    • Fieber
    • Sepsis
    Pulsus filiformis (parvus, frequens, mollis) fadenförmiger, „dünner“ Puls  Kreislaufkollaps
    Pulsus trigeminus (Trigeminie) zwei Sinusschläge und eine Extrasystole (oder umgekehrt)
    • Aortenklappeninsuffizienz
    • Hyperdynamischer Kreislauf